MANEO-Werkstatt 3: Kampf gegen Homophobie
Berlins Innensenator Dr. Ehrhart Körting stattete am 2.Tag der dritten internationalen Konferenz MANEO-Werkstatt einen spontanen Überraschungsbesuch ab. In einer kurzen Ansprache betonte er, es sei ihm ein „persönliches Anliegen", dass der interdisziplinäre Dialog zu Homophobie und Hassgewalt weiter befördert würde. Im Publikum sitzend verfolgte er aufmerksam die Podiumsdiskussion zum Thema „Wie kommt Licht ins Dunkelfeld - können Schwule vor Übergriffen besser geschützt werden?
Auch wenn das Interesse an der 2. Umfrage von Maneo zu Gewalterfahrungen von schwulen und bisexuellen Jugendlichen und Männern etwas zurückgegangen ist, so kann man doch mit einer Datenbasis von 17000 Unfragen auf eine solide und gesicherte Datenbasis zurückgreifen. So werden bundesweit nur 11,7% aller Fälle bei der Polizei angezeigt (Brdbg. 16,7%) so dass hier die Dunkelziffer von 88,2 % doch sehr hoch ist, die in keiner Polizeistatistik auftauchen. Von den Befragten musste immerhin jeder 4 im letzten Jahr Gewalterfahrungen machen, wobei es sich in 21,2% (Brdbg.29,1%) der Fälle um Körperverletzungen, in 10,1% (Brdbg. 6,9%) der Fälle um Eigentumsdelikte und in 68,6% der Fälle (Brdbg. 63,9% ) um Bedrohungen handelte. Sehr interessant ist hier, dass sich von denen, die ihre Fälle bei der Polizei anzeigten 37,5% nicht ernstgenomen fühlten, wobei Brandenburg sogar mit 63,6% die Negativhitliste aller Bundesländer anführt. Hier wäre nach Meinung der Werkstatt-Teilnehmer dringend eine weitere Senisibilisierung der Polizei erforderlich. Da von den in der Umfrage geschilderten Fällen nach eigenem Bekunden 52% einen offen schwulenfeindlichen (homophoben) Hintergrund hatten, wobei 42% auch die Kriterien erfüllte, die das FBI in den USA für homophobe Hassverbrechen aufstellt, wurde darüber auch unter den Teilnehmern am meisten diskutiert, wie man den Verbrechen mit menschenverachtendem Hass am wirksamsten begegnen kann. Auf europäischer Ebene, so konnte man höhren, würde schon eine einheitliche Strafnorm für Hassverbrechen gewünscht, über die Umsetzung in Deutschland war man sich jedoch nicht einig. Während einige Vertreter, u.a. auch aus Brandenburg, den Vorstoss von Brandenburg und Sachsen-Anhalt im Bundesrat verteidigten, Hassverbrechen als verschärfende Strafnorm im Strafgesetzbuch zu verankern, weil es am einfachsten zu handhaben wäre, so wie man beispielsweise bei der Körperverletzung prüft, ob es sich um eine gefährliche (mit Waffen) oder schwere (mit bleibenden Schäden) handelt würde das Gericht prüfen, ob es auf Hassmotive zurückzuführen ist. Ausserdem, so die Vertreter von Katte e.V. aus Brandenburg, wäre irgendwann auch auf dem letzten Schulhof bekannt, dass Hassverbrechen schwerer bestraft werden, so wie ja jetzt auch jeder Schüler weiss, dass er bis zum 14. Lebensjahr nicht bestraft wird-so dass von dieser Gesetzesänderung eine generalpräventive Wirkung zu erwarten wäre. Die Gegner dieser Initiative insbesondere aus Kreisen der Grünen wollen dagegen allenfalls in der Strafprozessordnung ansetzen. Anders als bei schweren Delikten wie Mord, Totschlag oder Raub erhebt die Staatsanwaltschaft bei Delikten wie Beleidigung, Bedrohung, einfacher Körperverletzung oder Sachbeschädigung nur dann öffentliche Klage, wenn dies "im öffentlichen Interesse" liegt. Ansonsten werden die Verletzten auf den Weg der Privatklage verwiesen. Es wäre daher zu überlegen, ob eine Regelung gefunden werden kann, in der klargestellt wird, dass ein "öffentliches Interesse" an der Strafverfolgung immer dann vorliegt, wenn die Tat einen minderheitenfeindlichen Hintergrund hat und somit von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung ist so der Vorschlag von Volker Beck, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Deutschen Bundestag in eienr schriftlichen Stellungnahme. Genau dass wurde von den Vertretern aus Brandenburg wieder kritisch gesehen. Denn im Rahmen des Strafverfahrens würde auf Grund der Vielschichtigkeit der Probleme, der hassmotivierte Hintergrund von der Staatsanwaltschaft eventuell garnicht erkannt und das Verfahren mit oder sogar ohne Auflagen eingestellt ohne dass sich der Täter mit der Verwerflichkeit seines Tuns auseinandersetzen muss. Gerade da haben man in Brandenburg sehr gute Erfahrungen im Rahmen des Privatklageverfahrens gemacht, bei dem dann ja eine Schlichtungsverhandlung obligatorisch ist, wo man sich vor Ort in der Schiedsstelle der Gemeinde verantworten muss. Dort hat man zum einen die Möglichkeit, den Hintergrund der Tat ausreichend zu beleuchten und für beide Seiten, die ja in ihrer Gemeinde weiter zusammenleben müssen, Einigungen und Vergleiche zu finden und zu erreichen, dass sich die Parteien hinterher wieder die Hand reichen, wo ein vernichtendes Gerichtsurteil oft nur mehr kaputtmachen würde und ein Zusammenleben eher erschwert würde. Der Äusserung von Volker Beck "Die Initiative der beiden Länder ist daher ein rechtspolitisches Placebo. Gut gemeint aber nicht durchdacht."
können die Vertreter von Katte e.V. jedenfalls nicht zustimmen und unterstützen weitgehend die Initiative der brandenburgischen Justizministerin. Gerade vor dem Hintergrund, dass nur 65% der Opfer sich trauen, in Ihrem Umfeld über die erlittenen Straftaten zu reden und 35,1 % sich oft noch nichteinmal trauen in ihrem engeren Umfeld darüber zu sprechen, Opfer schwulenfeindlicher Gewalt geworden zu sein, Muss sich hier dringed was ändern