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Vereine auf Schatzsuche

Vereine_in_Not_-_Netz

(gayBrandenburg - communityTicker) Schwindsucht könnte die Diagnose für den Berliner CSD 2011 lauten. Die Symptome sind eindeutig: Während die Parteien und Firmen nach wie vor mit riesigen Trucks die Paraden - Besucher  beeindruckten, verringerte sich die Zahl und die Größe der Wagen der verschiedenen Homo - Vereine. Vielen geht es nämlich ziemlich schlecht. Verarmt ist unter anderem die IWWIT-Kampagne der Aidshilfe. Kürzungen des Etats machten in diesem Jahr eine Teilnahme mit eigenem fahrbaren Untersatz unmöglich. Auch dass Jugendnetzwerk Lambda bettelte im Vorfeld des CSD Berlin verschiedenste mögliche Sponsoren an, um im letzten Moment doch noch eine Teilnahme zu ermöglichen.



Insider stöhnen unisono über die Kosten für eine Teilnahme an der eigentlich politischen Demonstration. Selbst bei einem normalen LKW knacken die Teilnehmer locker die 1000 Euro Grenze. Ganz zu schweigen von einem Truck: Minimumkosten mindestens 4.500 Euro. Für Vereine die Beratung und Hilfe für Homosexuelle anbieten, unbezahlbar. So sank die Zahl der CSD - Wagen in den letzten Jahren um etwa ein Drittel. Inzwischen machen einige aus der Not eine Tugend. Die IWWIT - Kampagne schloss sich mit seiner Laufgruppe ver.di und gayBrandenburg.de an. Lambda kam mit einem viel billigeren Lautsprecherwagen.

Dabei geht es bei vielen Vereinen inzwischen um das nackte Überleben. Das Jugendnetzwerk Lambda versucht über einen dramatischen Appell zu retten was zu retten ist. Jährliche Kürzungen des Jugendetats des Berliner Senats  können nun nicht  mehr durch Spenden, wie sonst üblich, aufgewogen werden, so der in Berlin ansässige Verein. Beratungsangebote für Jugendliche können schon jetzt nicht mehr gehalten werden. Auch ein eigens organisierter politischer Runder Tisch bringt keine Entwarnung. Der Not - Vorschlag aus den Kreisen der Politik und Verwaltung hört sich dann doch gewöhnungsbedürftig  an: “Die Idee aus der bisherigen Landesgeschäftsstelle ganz offiziell ein kommunales Jugendzentrum für LSBT-Jugendliche in Kreuzberg zu machen wurde ebenfalls dankbar aufgenommen, wobei Einigkeit darüber bestand, dass dies an und für sich nicht allein Aufgabe des Bezirks sein könne, sondern aufgrund der berlinweiten Aktivitäten von Lambda auch das Land Berlin in der Verpflichtung stehe.” Ob sich die Idee durchsetzt und ob diese auf Dauer hält müssen die Jugendlichen nun geduldig  abwarten.

Auch Carsten Bock Berater des brandenburgischen Katte e. V. sieht die Zukunft mit gemischten Gefühlen: “ Uns nutzen keine plakativen Lippenbekenntnisse durch die Politik. Die Zahl und die Intensität der Beratungsfälle ist in den letzten Jahren massiv gestiegen. Es bedarf der zielgerichteten Wertschätzung, auch der finanziellen, des Landes Brandenburg. Da führt kein Weg daran vorbei.” Nur mit Mühe und Not können die Projekte des Vereins über Wasser gehalten werden. Etwa 90% des Etats werden über Spenden finanziert, schätzt Bock die Lage ein. “Wir leben von der Hand in den Mund. Es ist schon schwierig Post, etwa für Einladungen zu Ausstellungseröffnungen, zu verschicken.”

Noch dramatischer ist die Lage der YoGaWi - Leute aus dem Nordwesten Brandenburgs. Im Oktober 2005 gegründet, startete die Gruppe viel versprechend mit kontinuierlichen Gruppentreffen und Party. Das ging so lange gut bis 2009 der kommunale Jugendclub, plötzlich Miete verlangte. Für die Engagierten war die Summe nicht zu stemmen. Die Folgen waren dramatisch. Das einzige regelmäßige queere Treffen in der Region brach weg. In diesem Jahr stand zwischenzeitlich auch das letzte Projekt der Gruppe auf der Kippe. Das bis dahin jährliche stattfindende Gay - Camp wäre um ein Haar mangels Nachfrage eingestellt worden. Der Bedarf wäre eigentlich da, aber auf Grund der nicht mehr vorhandenen monatlichen Gruppenangebote im Jugendclub ist offensichtlich die Basis für weitergehende Angebote weggebrochen.

Für Martina Wilczynski, Vorsitzende des Bündnis Faires Brandenburg, ist klar: “Wir brauchen in Brandenburg eine regionalere und den Projekten angepasste Förderung der LSBT - Community. Nur vor Ort lässt sich für die Menschen Vielfalt erlebbar machen.”


Text: Adolar
(1) Quelle PM Lambda
Grafik: gayBrandenburg

Wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg


Politischer Runder Tisch zur Rettung des Jugendnetzwerk Lambda Berlin-Brandenburg e.V.

Am Mittwoch, den 29. Juni 2011 hatte das Jugendnetzwerk Lambda Berlin-Brandenburg e.V. zu einem Runden Tisch zur Rettung der Jugendarbeit für und mit lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgender (LSBT) Jugendlichen eingeladen. Anlass für die Rettungsaktion ist die prekäre Förderungslage des Jugendnetzwerk Lambda Berlin-Brandenburg. Es ist unumstritten, dass die Bedarfe von LSBT-Jugendlichen in Berlin seit 2006 kontinuierlich ansteigen, während die Förderung kontinuierlich sinkt. Lambda ist in Berlin der einzige LSBT-Jugendverband und sowohl in den Reichweiten als auch der Angebotsbreite einzigartig. Durch die in Berlin 2005 beschlossene neue Förderlogik im Bereich der Jugendverbandsarbeit verliert Lambda seitdem Jahr für Jahr bis zu 15 Prozent seiner Förderung für die Jugendarbeit, in diesem Jahr erneut mit verheerenden Auswirkungen, denn es steht ein Defizit von fast 23.000 EUR zu befürchten. Lambda braucht aber eine kontinuierliche bedarfsgerechte Ausstattung. Weder die Jugendförderung, die 1,2 hauptamtlichen Stellen, noch die mangelhaften, nicht-barrierefreien Räume reichen angesichts der Bedarfslage aus. Schon jetzt sind komplexere Beratungsanfragen nicht mehr in jedem Fall bearbeitbar. Die LSBT-Jugendlichen, die Lambda eigentlich unterstützen will, bleiben, so steht zu befürchten, auf der Strecke, wenn sich nichts ändert.

Zahlreiche Politiker_innen wie z.B. Mari Weiß von Die LINKE, Thomas Birk und René Ramminger von Bündnis 90/Die Grünen, aber auch Fachleute aus der Berliner Verwaltung, wie z.B. Lela Lähnemann vom Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen in der Landesstelle für Chancengleichheit gegen Diskriminierung und Conny Kempe-Schälicke, Koordinatorin für den Bereich Bildung in der Initiative "Berlin tritt ein für sexuelle Vielfalt"
(ISV) folgten der Einladung und stellten sich den Fragen der Lambda-Jugendlichen, die diesen Abend in guter Vereinstradition selbst organisierten und gestalteten.

Politiker_innen und Verwaltungsmitarbeiter_innen waren aufgefordert mit den Lambda-Jugendlichen Vorschläge zu erarbeiten und so kam es auch; sieht man von der fehlenden Beteiligung der SPD und der CDU, sowie der Senatsjugendverwaltung einmal ab.

Die Sicherung der Arbeit des Jugendnetzwerks war allen Anwesenden ein besonderes Anliegen und über Parteigrenzen hinweg wurden Vorschläge zur kurzfristigen Absicherung der Lambda-Angebote gemacht. Einhellig erklärten die Lambda-Jugendlichen ihre Bereitschaft und ihre Motivation die Spendensammlungen und Bettelbrief-Aktionen der letzten Wochen und Monate fortzuführen und zu verstärken, machten aber auch deutlich, was hierzu in den letzten Jahren bereits geleistet wurde. Bündnis 90/Die Grünen, wie auch Die LINKE stellten in Aussicht, dass man über die Verteilung der im Bereich der Jugendarbeit auf Landesebene zur Verfügung stehenden Mittel insgesamt reden werde. Die Idee aus der bisherigen Landesgeschäftsstelle ganz offiziell ein kommunales Jugendzentrum für LSBT-Jugendliche in Kreuzberg zu machen wurde ebenfalls dankbar aufgenommen, wobei Einigkeit darüber bestand, dass dies an und für sich nicht allein Aufgabe des Bezirks sein könne, sondern aufgrund der berlinweiten Aktivitäten von Lambda auch das Land Berlin in der Verpflichtung stehe. Conny Kempe-Schälicke, Koordinatorin der (ISV) bei der der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung bot ihre kurzfristige Unterstützung bei der Sicherung der Lambda-Angebote an.
Langfristig setze sie sich für eine stärkere Einbeziehung der Belange von LSBT-Jugendlichen innerhalb der ISV ein. Dies hänge aber auch davon ab, ob die Initiative, auch in der nächsten Legislaturperiode weitergeführt wird.

Thomas Birk, LSBT-Politischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen fasste unter Zustimmung aller Anwesenden entsprechend zusammen:
"Wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg"

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